Überblick über die neue Gesetzessystematik und das Übergangsrecht
- Dr. Thomas Hildebrandt, Rechtsanwalt
- 13. März 2018
- 3 Min. Lesezeit

Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen der 17. Baurechtstage des eid vom 22. bis 23. März 2018 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag erschien im Juli 2018 in der Schriftenreihe Partner im Gespräch Band Nr. 106.
Am 01.01.2018 trat das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren (BauVG) in Kraft. Das Gesetz gilt nach Art. 10 BauVG für alle Verträge, die ab dem 01.01.2018 geschlossen werden.
Der Bauvertrag wurde bisher allein im Werkvertragsrecht des BGB abgebildet. Nach Auffassung des Gesetzgebers waren die Regelungen des Werkvertragsrechts jedoch nicht mehr geeignet, die Komplexität eines Bauvertrages zu erfassen (vgl. zum Folgenden Kniffka/Retzlaff, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderungn der kaufvertraglichen Mängelhaftung und zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes, Sonderheft zum neuen Bauvertragsrecht, BauR 10 a, S. 1747 ff.). Er war der Auffassung, dass es spezieller Regelungen bedürfe, die Leitbilder für die besonderen Probleme des Bauvertrages darzustellen. Das Gesetz verfolgt dabei mehrere Ziele. Es sollten einerseits grundlegende Regelungen für Bauverträge geschaffen werden, um diesen komplexen und auf eine längere Erfüllungszeit angelegten Verträgen Rechnung zu tragen. Gesetzgeberisches Ziel war insbesondere, kostenintensive Konflikte und eine Störung des Liquiditätsflusses der Bauunternehmen zu vermeiden. Des Weiteren steht der Verbraucherschutz im Vordergrund, sodass durch das Gesetz der Besonderheiten eines Verbrauchervertrages Rechnung getragen werden soll. Darüber hinaus wurden Regelungen für den Architekten- und Ingenieurvertrag aufgenommen. Auch der Bauträgervertrag erhält nunmehr einen eigenen Platz. Letztlich wurde auch der zivilrechtliche Rechtsschutz gestärkt, um die gesetzgeberischen Vorgaben auch schnell und effektiv umsetzen zu können. Eine weitere Änderung stellt die Haftung in der kaufvertraglichen Lieferkette dar.
Bisher waren im Titel 9 des BGB „Werkvertrag und ähnliche Verträge“ lediglich der Untertitel „Werkvertragsrecht“ und „Reisevertrag“ geregelt. Gesetzessystematisch hat der Gesetzgeber hier vier Untertitel „Werkvertrag“, „Architekten- und Ingenieurvertrag“, „Bauträgervertrag“ und „Reisevertrag“ eingefügt. Der Untertitel 1 „Werkvertrag“ enthält ebenfalls vier Kapitel: „Allgemeine Vorschriften“, „Bauvertrag“, „Verbrauchervertrag“ und „Unabdingbarkeit“.
Damit wollte der Gesetzgeber systematisch zum Ausdruck bringen, dass der Bauvertrag nach seinem Vertragstyp ein Werkvertrag bleibt. Das Gleiche gilt für den Verbraucherbauvertrag. Architekten- und Ingenieurverträge sowie der Bauträgervertrag stehen zwar als eigenständige Vertragstypen neben dem Werkvertrag. Es handelt sich jedoch um dem Werkvertrag ähnliche Verträge. Damit wollte der Gesetzgeber nicht den Charakter des Architekten- und Ingenieurvertrages, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weitgehend als Werkvertrag angesehen wird, ändern. Dadurch sollte vielmehr den Besonderheiten dieser Verträge Ausdruck verliehen werden, weil sie es nicht rechtfertigen, auf die gleiche systematische Stufe gestellt zu werden, wie der Bauvertrag.
Mit dieser Gesetzgebung sollte versucht werden, die bisherigen punktuellen und von wenig Sachkunde getragenen Bemühungen im Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, im Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts und im Forderungssicherungsgesetz Rechnung zu tragen, weil diese Gesetzesänderungen weitgehend gescheitert waren. Der Gesetzgeber griff dabei deutlich in die bestehende Systematik des BGB und des Werkvertragsrechts ein, indem er Regelungen zu Verbesserungen bei den Voraussetzungen für Abschlagszahlungen, bei der fiktiven Abnahme im Werkvertrag und insbesondere das Anordnungsrecht und der korrespondierenden Vergütungspflicht im Bauvertrag regelte, was bisher im BGB nicht der Fall war. Daneben wurden die Rechte des einen Bauvertrag schließenden Verbrauchers deutlich gestärkt. Der Architektenvertrag wurde mit einem eigenen Kündigungsrecht versehen, gleichzeitig wurden dem Architekten Erleichterungen bei der Teilabnahme und durch die Einführung einer Art sekundären Haftung verschafft. Der Bauträgervertrag dient faktisch im BauVG nur als Platzhalter und muss noch weiter in einem Arbeitskreis des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz behandelten grundlegenden Reformen des Bauvertragsrechts fortgeführt werden.
Das BauVG geht zurück auf die Diskussionen des Deutschen Baugerichtstag e. V. Dort hat sich gezeigt, welche tiefen Interessengegensätze zwischen Auftragnehmer- und Auftraggeberseite bestehen. Einbezogen wurde in die Diskussion natürlich auch die Frage, ob und inwieweit die VOB/B Ursache für die Fehlentwicklungen im Bauvertragsrecht war. Das gesetzgeberische Ziel war jedoch nicht, die zwingend vom öffentlichen Auftraggeber zu verwendende VOB/B zu schwächen, sondern die Grundsätze und die daraus ergangene Rechtsprechung des BGH zu vereinen. Maßgebend ist, dass sich der Gesetzgeber mit dem BauVG nicht von den Regelungen der VOB/B hat leiten lassen, sondern die Kooperation der Bauvertragsparteien in den Vordergrund stellt und sie fördern will. Das betrifft natürlich die Kooperationspflichten der Vertragsparteien, aber auch die Behandlung von Mängeln bei Abschlagsforderungen, die Leistungsfeststellung bei der Kündigung, die Zustandsfeststellung bei verweigerter Abnahme und nicht zuletzt das Anordnungs- und Vergütungsrecht für Nachträge als wesentliches Element. Durch die Möglichkeit der prozessualen Herbeiführung einer Eilentscheidung sollen Streitigkeiten über Nachträge und Abschlagszahlungen weitgehend vermieden werden.