Mietpreisbremse aktuell
- Hubert Fleindl, München
- 11. Apr. 2018
- 3 Min. Lesezeit

Die zum 01.08.2015 in Kraft getretenen Vorschriften der §§ 556d ff. BGB – vom damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas illustriert als „Mietpreisbremse“ angekündigt – sind seit nunmehr nahezu drei Jahren in Kraft. Die „Mietpreisbremse“ besagt, dass in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten die sog. Wiedervermietungsmiete nur um maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete für frei finanzierten Wohnraum liegen darf – allerdings nur, wenn eine Vorordnung der Landesregierung diese Gebiete im Einzelnen bestimmt.
Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen der 37. Mietrechtstage des eid vom 25. bis 27. April 2018 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag ist im August 2018 in der Schriftenreihe Partner im Gespräch Band Nr. 107 erschienen.
Wegen der vielen Ausnahmevorschriften und der Rügepflicht des Mieters wurden jedoch schon im Gesetzgebungsverfahren Stimmen laut, die Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des neuen Instrumentariums äußerten. Auch erste Studien – etwa vom Forschungsinstitut RegioKontext und dem Institut für Soziale Stadtentwicklung (IFSS) - kurz nach Inkrafttreten ließen Zweifel daran aufkommen, dass sich Vermieter tatsächlich an die Vorgaben des Gesetzgebers halten, zumal gerade in Gemeinden ohne Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete kaum ohne Wohnwertgutachten zweifelsfrei zu bestimmen ist. Justizminister Maas forderte daher bereits 2017 vor der Bundestagswahl eine Nachbesserung und Verschärfung der Vorschriften. In ersten Gerichtsentscheidungen gerieten gleichzeitig einige von den Landesregierungen erlassene Gebietsverordnungen wegen formeller Mängel in die Kritik und wurden für unwirksam erklärt. Die 67. Zivilkammer des LG Berlin hält gar die bundesrechtliche Vorschrift des § 556d BGB für verfassungswidrig und hat die Sache dem BVerfG vorgelegt. Der Vortrag bringt den Zuhörer auf den neuesten Stand in Gesetzgebung und Rechtsprechung. Hierbei geht es insbesondere um folgende Themen:
1. Gesetzgebungsverfahren – Beabsichtigte Änderungen der Mietpreisbremse im Koalitionsvertrag Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD enthält neben anderen Themen im Mietrecht auch Absichtserklärungen zur Mietpreisbremse. So soll noch bis Ende 2018 die Wirksamkeit des Instrumentariums überprüft und gegebenenfalls gesetzgeberisch gehandelt werden. Die Rügepflicht des Mieters soll „entschärft“ und durch eine einfache Rüge ersetzt werden. 2. Verfassungswidrigkeit der Mietpreisbremse im BGB?
Uneinigkeit herrscht in der Berliner Justiz. Während die 65. Zivilkammer in einem rechtskräftigen Endurteil die Verfassungsmäßigkeit der Mietpreisbremse bejaht hat (Urteil vom 29.03.2017, Az.: 65 S 424/17), hält die 67. Zivilkammer die Vorschriften wegen eines Verstoßes gegen den in Artikel 3 GG verankerten Gleichheitsgrundsatz für unwirksam und hat ein entsprechendes Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebeschluss vom 07.12.2017, Az.: 67 S 218/17).
3. Gesetzeswidrigkeit von Landesverordnungen
Nach § 556d Abs. 2 BGB müssen die Gebiete, in denen die Mietpreisbremse gelten soll, durch Verordnung der Landesregierung bestimmt werden. § 556d Abs. 2 S. 5 und 6 BGB bestimmt hierbei, dass die Verordnungen für jeden Einzelfall – also grundsätzlich für jede Gemeinde – begründet werden müssen. Wegen Verstoßes gegen diese Begründungspflicht hat zunächst das Landgericht München I in einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil die Bayerische Mietpreisbremsenverordnung für unwirksam erklärt (Urteil vom 06.12.2017, Az.: 14 S 10058/17). Auch das Landgericht Frankfurt a. M. hat jüngst die hessische Mietpreisbegrenzungsverordnung wegen eines Begründungsmangels für nichtig erachtet (Urteil vom 27.03.2018, Az.: 2-11 S 183/17 – nicht rechtskräftig). Das AG Hamburg-Altona hält die Hamburgische Verordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung ebenfalls für unwirksam (Urteil vom 23.05.2017, Az.: 316 C 380/16); hier steht eine Entscheidung des zuständigen Berufungsgerichts noch aus. 4. Sonstige fachgerichtliche Entscheidungen
Soweit die Mietpreisbremse in den instanzgerichtlichen Entscheidungen zur Anwendung kommt, spielen vielfach die Ausnahmevorschriften wie Vormiete oder umfassende Modernisierung eine maßgebliche Rolle. Auch stellt sich die Frage, ob in Gemeinden mit einem qualifizierten Mietspiegel die höchstzulässige Miete im Rückforderungsprozess des Mieters unter Anwendung des Mietspiegels bestimmt werden kann. Ob das BVerfG die Rechtsauffassung der 67. ZK des LG Berlin teilt, ist derzeit völlig offen. Bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichts jedenfalls sind die bundesgesetzlichen Vorschriften weiterhin als wirksam anzusehen und damit anzuwenden. Der Vortrag wird aufzeigen, dass die größten Rechtsprobleme im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse derzeit im Bereich der Gültigkeit der Landesverordnungen liegen, während es nur vereinzelt Gerichtsentscheidungen gibt, in denen ein Rückforderungsanspruch des Mieters nach § 556g BGB bejaht wurde.