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Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung

  • Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen
  • 5. Feb. 2019
  • 2 Min. Lesezeit

1.

Die nach der Rechtsprechung seit langem auch feststehenden Voraussetzungen für einen Individualvertrag nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB erfordern, dass der „gesetzesfremde“ Kerngehalt einer (angedachten) Haftungsbegrenzungsklausel gegenüber dem Kunden ernsthaft und nachhaltig zur Disposition gestellt wird (BGH NZBau 2016, 213). Das erfordert, dass der Verwender sich bereit findet, eine dem dispositiven Recht entsprechende Haftung dem Kunden – anstelle der Klausel mit einer Haftungsbegrenzung – anzubieten. Das ist in der Praxis kaum durchzuhalten, weil jeder Kunde sogleich die gesetzliche Haftung als für sich vorzugswürdige Alternative annimmt.

Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen der 18. Baurechtstage des eid am 14. und 15. Februar 2019 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag wird 2019 in der Schriftenreihe Partner im Gespräch (PiG) erscheinen. Teilnehmende der Baurechtstage erhalten ein Exemplar kostenfrei.

1.1 Reformdebatte – Koalitionsvereinbarung

1.2 Zu erwägen sind „Paketlösungen“ oder auch eine individualvertraglich verankerte „Tarifwahl“, die am (unterschiedlichen) Preis festmacht. In Betracht könnte auch eine Versicherungslösung (für die Abdeckung der Probleme der „Folgeschäden“) kommen. Es könnte eine autonome Entscheidung des Kunden nach ausgiebigen Verhandlungen zu bejahen sein, der die Haftungsbegrenzung als angemessen und „vernünftig“ im Rahmen von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB anerkennt. Tatsachenvortrag schwierig.

2. Grenzen der Rechtsprechung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für eine wirksame Haftungsbegrenzung. Diese liegt seit langem in der Schadenshöhe, welche typischerweise vorhersehbar ist (BGH NJW 1993, 335). Das Ergebnis ist deckungsgleich mit dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden. Schadensbegrenzung muss für alle vorhersehbar eintretenden Schäden – unter Beachtung auch der jeweiligen Pflichtverletzung – textiert werden (BGH NJW-RR 2015, 690 – Chipband; aber auch schon BGH NJW 1980, 1953 – Textilreinigung).

2.1 Auch bei Beschaffungsverträgen (zu beachten: § 160 Abs. 2 GWB – OLG Celle NZBau 2018, 314) wird man nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf die Schwere der einzelnen Pflichtverletzungen und den daraus typischerweise entstehenden Schäden abstellen müssen (BGH NJW-RR 2015, 690 – Chipband). Die von der Rechtsprechung geforderte generell-abstrakte Bewertung ist hier das Problem, weil diese Voraussetzungen wegen der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse nur sehr schwer zu textieren sind (BGH BB 2017, 2062; BGH BB 2017, 2066).

2.2 Ein Absehen vom Verschuldens des Lieferanten als kardinale Voraussetzung für § 280 BGB, wie sie in Beschaffungsverträgen immer wieder vorkommt, führt nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel (BGH NJW 2006, 47, 49; BGH NJW 2018, 291).

3. Versicherungslösungen – anstelle einer Haftung - sind selten wirksam (ausgenommen: Berufshaftpflicht). Sie setzen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB voraus, dass der Verwender in die subsidiäre Eigenhaftung eintritt, wenn die Ersatzleistung der Versicherung nicht greift (Deckungsausschluss, Risikoausschluss, Maximierung, Selbstbehalt etc.). Vor allem Vermögensschäden bereiten Schwierigkeiten. Zur Frage der Höhe wird man die Rechtsprechung (BGH NJW 1993, 335) beachten müssen.

4. Eine wirksame Haftungsbegrenzung ist fast die Quadratur des Kreises.


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