Vereinbarungen zum vertragsgemäßen Zustand
- Jost Emmerich, Richter am OLG, München
- 18. Apr. 2019
- 3 Min. Lesezeit

Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen der 38. Mietrechtstage des eid vom 10. bis 12. April 2019 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag wird 2019 in der Schriftenreihe Partner im Gespräch (PiG) erscheinen. Teilnehmende der Mietrechtstage erhalten ein Exemplar kostenfrei.
Die Bestimmung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache ist für die Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien von zentraler Bedeutung. Durch den Abschluss eines Mietvertrags wird der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und in diesem Zustand während der Mietzeit zu erhalten. Weicht die Mietsache von dem vereinbarten Zustand ab, kann der Mieter Erfüllung dieser Pflichten verlangen. Bis zur Erfüllung kann der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an einem Teil der Miete geltend machen, um Druck auf den Vermieter auszuüben.Neben diesen allgemeinen Rechten stehen dem Mieter bei einem Mangel der Mietsache auch die mietrechtlichen Gewährleistungsrechte zu: Herabsetzung der Miete (Minderung), Schadensersatz (und Aufwendungsersatz) und außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
Die Gewährleistungsrechte des Mieters sind nach dem Gesetz ausgeschlossen oder eingeschränkt, wenn er den Mangel nicht anzeigt oder keine Frist zur Beseitigung setzt. Und von besonderer Bedeutung für die Vertragsgestaltung ist die Vorschrift § 536b BGB, die den Fall regelt, dass der Mieter einen Mangel bei Vertragsschluss oder bei der Annahme der Mietsache kennt oder kennen müsste. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, allein durch die Information des Mieters Einfluss auf die Gewährleistungsrechte zu nehmen.
Daneben steht grundsätzlich die Möglichkeit, den vertragsgemäßen Zustand auf eine Weise zu vereinbaren, dass der Zustand, der ansonsten einen Mangel darstellte, als vertragsgemäß gilt. Doch die Vertragsfreiheit wird zugunsten des Mieters eingeschränkt, vor allem durch das AGB-Recht und durch § 536 Abs. 4 BGB.
Der vertragsgemäße Zustand wird durch den Vertragszweck, durch die Zusicherung von Eigenschaften, durch ausdrückliche und konkludente Beschaffenheitsvereinbarungen und anhand verschiedener Auslegungsregeln bestimmt. Für den Vermieter besteht die Gefahr, dass in einem Prozess die Auslegung konkludenter Beschaffenheitsvereinbarungen zu der Annahme eines Mangels führt. Nach der Rspr. des BGH schuldet der Vermieter eine Beschaffenheit, die sich für den vereinbarten Nutzungszweck eignet und die der Mieter nach der Art der Mietsache erwarten darf. Weiß der Vermieter, dass die Wohnung zu Lasten des Mieters von dem abweicht, was der Mieter üblicherweise erwarten darf, kann er eine negative Beschaffenheitsvereinbarung treffen bzw. einen Substandard vereinbaren. Die Abgrenzung zur bloßen Kenntnisverschaffung iSv § 536b BGB ist wichtig, da der Gewährleistungsausschluss die Erfüllungsansprüche unberührt lässt. Die Abweichung vom Üblichen ist allerdings hinreichend konkret zu bezeichnen. Eine formularvertragliche Klausel, nach der der Mieter die Wohnung in dem vorgefundenen Zustand als vertragsgemäß akzeptiert, ist unwirksam.
Die Lage einer Wohnung hat in der Regel großen Einfluss auf die Höhe der Miete. Durch die nähere Umgebung der Wohnung wird aber auch bestimmt, in welchem Umfang der Mieter Immissionen, insbesondere Lärm durch Straßen, Betriebe oder Baustellen, ausgesetzt ist. Überschreiten diese ein gewisses Maß, kann ein sog. Umfeldmangel vorliegen. Der Vermieter hat häufig keinen Einfluss darauf, ob und in welchem Umfang die Wohnung solchen Immissionen ausgesetzt ist. Auf bei Vertragsschluss schon vorhandene Lärmquellen kann der Vermieter hinweisen oder auch die Lage zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung machen. Bei erst zukünftig zu erwartenden Immissionen besteht das Problem, dass eine Kenntnisverschaffung nach § 536b BGB nur vorliegt, wenn dem Mieter die Auswirkung auf den Mietgebrauch konkret bekannt ist. Eine allgemeine negative Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf bspw. Baulärm scheitert an § 536 Abs. 4 BGB. Die Angabe einer Wohnfläche stellt in der Regel eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Sie kann jedoch mit der Einschränkung versehen werden, dass sie nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes dient.