Baumaßnahmen im Interesse einzelner Wohnungseigentümer
- VRiLG Dr. Frank Zschieschack, Frankfurt am Main
- 15. Okt. 2018
- 2 Min. Lesezeit

Fragen im Zusammenhang mit Baumaßnahmen einzelner Wohnungseigentümer gehören zu den Dauerbrennern im WEG und werfen vielschichtige Probleme auf.
Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen des 44. Fachgesprächs des eid vom 24. bis 26. Oktober 2018 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag wird 2019 in der Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht (ZWE) erscheinen. Teilnehmende des Fachgesprächs erhalten im Folgejahr ein kostenloses Abonnement dieser Zeitschrift als Teil ihrer Teilnahmegebühr.
Die „Gretchenfrage“ in diesem Zusammenhang ist, ob durch die Baumaßnahme andere Eigentümer über das in § 14 Abs. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt sind. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist insoweit gefordert, dass durch einen umfassenden Vorher-Nachher-Vergleich untersucht wird, ob durch die Baumaßnahme der prägende Gesamteindruck verändert wird oder sich das veränderte Bauteil insgesamt in das Gesamtbild einfügt.
Der Nachteilsbegriff ist allerdings noch tiefschichtiger, denn er ist das Einfallstor für die Grundrechte der Eigentümer, was dann besondere Probleme aufwirft, wenn nicht nur eine Abwägung der jeweiligen Eigentumsrechte (Art. 14 GG) erfolgen muss, sondern sich der bauwillige Eigentümer auf weitere Grundrechte (in der Praxis oft (Geh-)Behinderungen (Art. 3 GG)) berufen kann.
Schwierigkeiten stellen sich auch bei der Beschlussfassung. Ist eine nachteilige bauliche Veränderung Beschlussgegenstand, stellt sich für den Verwalter vor allem die Frage, ob er das Zustandekommen eines Beschlusses verkünden kann/darf, wenn keine Allstimmigkeit gegeben ist. Eine Beteiligung der anderen Eigentümer ist aber auch nötig, wenn auf die bauliche Veränderung – etwa wegen Mobilitätseinschränkungen – ein Anspruch besteht, denn sie haben ein Mitbestimmungsrecht bei der konkreten Ausführung.
Zahlreiche Streitfragen stellen sich bei der Beschlussfassung über die Kosten, die sachgerecht nur dahin gehen kann, dass der bauwillige Eigentümer mit diesen alleine belastet wird. Ob hierfür § 16 Abs. 4 WEG eine Rechtsgrundlage bietet, ist umstritten, da offen ist, ob die Norm eine Kompetenz für eine Beschlussfassung über Folgekosten enthält. Eine Anwendbarkeit des § 16 Abs. 6 WEG ist zwar theoretisch vorstellbar, praktisch aber dann nicht umsetzbar, wenn es Opponenten gibt, die den Gerichtsweg beschreiten werden.
Dringend erforderlich ist daher eine Reform, die dem Bestandsinteresse nicht in der bisherigen Weise den Vorrang vor jeglichem Veränderungsinteresse einräumt.
Vorgeschlagen werden soll hier ein auf dem Reformentwurf des Bayerischen Justizministeriums aufbauendes 3-Stufen-Modell:
Stufe: Baumaßnahmen, welche die Eigenart der Wohnanlage ändern oder andere Eigentümer unbillig benachteiligen. Allstimmigkeit ist erforderlich, auf den Nachteilsbegriff sollte verzichtet werden.
„Normale“ bauliche Veränderungen 2/3 oder ¾ Mehrheit und Mehrheit der MEA, die in der Versammlung anwesend/vertreten sind.
privilegierte bauliche Veränderungen entsprechend § 22 Abs. 2 WEG 2/3 oder einfache Mehrheit und Mehrheit der MEA, die in der Versammlung anwesend/vertreten sind.
Die Neuregelung einer Kostenverteilung sollte sicherstellen, dass Folgekosten erfasst sind. Sodann könnte die Quote für Kostenregelungen dem Vorschlag zu § 22 WEG folgen, was sicherstellen würde, dass bauliche Veränderungen und Kostenregelungen gemeinsam mit den gleichen Mehrheiten beschlossen werden können.