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Update zur Elektromobilität und Barrierefreiheit

  • Dr. Hendrik Schultzky, Richter am OLG, Nürnberg
  • 16. Okt. 2018
  • 2 Min. Lesezeit

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht vor, dass bereits bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zusätzlich geschaffen werden sollen. Dazu wurde eine Förderung bei Errichtung privater Ladesäulen und rechtliche Erleichterungen für Mieter und Wohnungseigentümer vereinbart. Außerdem soll die Barrierefreiheit in Wohnungen verbessert werden, um Menschen mit Behinderungen die Wahl zu geben, wo und wie sie leben wollen. Auch unter diesem Aspekt soll das WEG reformiert werden.

Dieser Kurzbeitrag wurde im Rahmen des 44. Fachgesprächs des eid vom 24. bis 26. Oktober 2018 veröffentlicht. Der ausführliche Beitrag wird 2019 in der Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht (ZWE) erscheinen. Teilnehmende des Fachgesprächs erhalten im Folgejahr ein kostenloses Abonnement dieser Zeitschrift als Teil ihrer Teilnahmegebühr.

Bisher privilegiert das WEG Maßnahmen zur Errichtung von Ladeeinrichtungen und zur Herstellung von Barrierefreiheit nicht, so dass die allgemeinen Regeln über bauliche Veränderungen und Modernisierungen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 WEG) Anwendung finden. Dies führt dazu, dass ein einzelner Wohnungseigentümer in der Regel keinen Anspruch auf Ausstattung seines Tiefgaragen-Stellplatzes mit einer sog. Wallbox oder Ladesäule hat. Es bedarf vielmehr eines Beschlusses mit zumindest qualifizierter Mehrheit, die häufig nicht zu erlangen ist, wofür die gesetzliche Kostenverteilung ein Grund ist. Auch den Einbau einer Rampe im Eingangsbereich oder von Geländern im Treppenhaus kann ein gehbehinderter Wohnungseigentümer häufig nicht gegen den Willen der übrigen Eigentümer durchsetzen. Die bereits seit 2002 im Mietrecht geltende Regelung des § 554a BGB kann im WEG nicht entsprechend angewandt werden.

Inzwischen liegen von Bund und Ländern drei im Detail sehr unterschiedliche Vorschläge vor, wie die derzeitige Rechtslage verbessert werden kann. Der Bundesrat hat am 15.12.2017 einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Zustimmung der nach § 22 Abs. 1 WEG betroffenen Wohnungseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen für entbehrlich erklärt, was einen Individualanspruch des bauwilligen Eigentümers begründen kann. Außerdem wird (nur) für über § 22 Abs. 2 WEG hinausgehende Maßnahmen der Barrierefreiheit eine Beschlusskompetenz mit qualifizierter 3/4-Mehrheit vorgeschlagen. Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sieht einen Duldungsanspruch der übrigen Eigentümer bei Schaffung einer Lademöglichkeit vor, wobei der bauwillige Eigentümer aber nicht nur die Errichtungs- und Folgekosten, sondern auch anteilig zukünftige Kosten für die Ertüchtigung der Stromversorgung tragen soll. Zudem sollen die Maßnahmen der Barrierefreiheit und die Errichtung von Lademöglichkeiten mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden können. Im Rahmen eines umfassenden Vorschlags für die Reform des WEG schlägt der Diskussionsentwurf des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vor, zwischen Baumaßnahmen der Gemeinschaft und des einzelnen Wohnungseigentümers zu unterscheiden. Die hier genannten Maßnahmen sollen dann grundsätzlich mit qualifizierter 2/3-Mehrheit beschlossen werden können. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist eingerichtet, die auf Grundlage der Vorschläge innerhalb des nächsten Jahres einen konsolidierten Gesetzesvorschlag erarbeiten soll.


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