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Wo Rauch ist, ist hoffentlich ein Melder – manchmal sogar zwei

  • Felix Schnellbacher
  • 18. Apr. 2019
  • 4 Min. Lesezeit

Der Einbau bzw. die Nachrüstung von Rauchwarnmeldern in Wohnungen ist inzwischen in allen 16 Bundesländern vorgeschrieben. Wie ist es, wenn eine Wohnungs-eigentümergemeinschaft den Einbau solcher Geräte für alle Eigentümer beschließt, manche Eigentümer aber zuvor schon eigene Melder montiert hatten? Darüber musste der BGH entscheiden.

Besprechung des BGH-Urteils vom 7.12.2018, Az V ZR 273/17

Rauchwarnmelder sind sozusagen eine zum Gerät gewordene Lebensversicherung. Die handtellergroßen, meist weißen Apparate, die an Zimmerdecken angebracht sind, fallen im Alltag oft gar nicht mehr auf. Und wie das mit Versicherungen so ist, solange nichts passiert (ist), geht es vor allem um die Kosten. So war es auch in diesem Fall.

Dies ist ein Auszug aus Heft 4/2019 der ZWE, Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht, in der Rubrik "BGH für Verwalter". Ein kostenloses Probeabonnement der Zeitschrift über drei Monate oder ein reguläres Abonnement erhalten Sie hier. Teilnehmende an unseren Fachgesprächen zum WEG in Fischen erhalten im Folgejahr ein ZWE-Abonnement.

Die Eigentümerversammlung einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Nordrhein-Westfalen hatte 2015 beschlossen, der Pflicht zur Nachrüstung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern (im konkreten Fall in § 49 VII 3 BauONRWaF geregelt) nachzukommen. Eine Fachfirma sollte damit beauftragt werden, sämtliche Wohnungen mit solchen Geräten auszurüsten und sie anschließend zu warten. Die Anschaffung sollte die (Instandhaltungsrücklage der) Gemeinschaft knapp 27 EUR pro Gerät kosten, die jährlichen Wartungskosten von knapp 5 EUR pro Gerät nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden. Dagegen wehrten sich einige Wohnungseigentümer, sie seien hier die Lempels genannt: sie hatten schon eigene Rauchwarnmelder installiert. Jetzt wollten sie von diesem Beschluss ausgenommen werden.

Die Lempels gingen vor Gericht, erlitten aber vor dem Amtsgericht und später auch vor dem Landgericht Schiffbruch. Fast alle fanden sich damit ab, die beiden verbliebenen Lempels gingen vor den BGH.

Durfte die Gemeinschaft das?

Der BGH ging zunächst auf die Frage ein, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überhaupt beschließen dürfe, in jede Wohnung Rauchmelder einbauen zu lassen. Diese Frage bejahte der BGH, die BauO NRW normiere eine eigentumsbezogene Pflicht. In einem Urteil hatte der BGH bereits 2013 festgelegt, dass es im Fall eigentumsbezogener Pflichten eine Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft nach § 10 VI 3 WEG gebe (ZWE 2013, 358 Rn. 7 ff.). Mit einem derartigen Einbau sei kein unzulässiger Eingriff in das Sondereigentum verbunden. Die Beschlusskompetenz für den Einbau hatte die Gemeinschaft also.

Der BGH sah diese Kompetenz auch für die regelmäßige Wartung als gegeben an. Im Urteil aus 2013 hatte er geklärt, dass aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer angebrachte Rauchwarnmelder kein Sondereigentum seien. Aus § 21 I 3 und § 21 V 2 WEG folge dann, dass die Gemeinschaft die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung von gemeinschaftlichem Eigentum beschließen könne. Zwar sah die damals geltende BauO NRW in § 49 VII vor, dass regelmäßig der unmittelbare Besitzer (oft also ein Mieter) verpflichtet sei, die Betriebsbereitschaft der Rauchmelder sicherzustellen. Damit habe der Landesgesetzgeber aber nur Lasten und Kosten zwischen Eigentümer und unmittelbarem Besitzer regeln wollen, so der BGH. Es sollte Eigentümern nicht verboten werden, sich auch um die Wartung zu kümmern. Dies habe der Landesgesetzgeber jetzt durch die seit Januar 2019 geltende Fassung in § 47 III BauO NRW auch ausdrücklich so geregelt.

Die Sache mit dem Ermessen

2013 war die Frage offengeblieben, ob die Wohnungseigentümer hätten darauf Rücksicht nehmen müssen, dass einige von ihnen in ihren Wohnungen bereits Rauchwarnmelder installiert hatten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH hält sich ein Beschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, dabei müssen alle relevanten Umstände des Einzelfalls sorgfältig abgewogen und die allseitigen Interessen der betroffenen Eigentümer berücksichtigt werden. Ordnungsmäßige Verwaltung bewegt sich also regelmäßig in einem Ermessensrahmen, meist gibt es mehr als einen „richtigen“ Beschluss. Die Lempels führten ins Feld, allein die Berücksichtigung ihrer privaten Rauchmelder wäre richtig gewesen, dass also das eingetreten sei, was Juristen eine „Ermessensreduzierung auf null“ nennen.

Die Frage war von anderen Gerichten und Kommentatoren unterschiedlich beantwortet worden. Ein Teil sah die Anbringung einheitlicher Rauchmelder in der gesamten Anlage als von der ordnungsmäßigen Verwaltung gedeckt an. Diese Meinung wies darauf hin, dass es die Gebäudesicherheit erhöhe, wenn alle Rauchmelder aus einer Hand geliefert, einheitlich gewartet und kontrolliert würden. Die Gegenmeinung führte ins Feld, dadurch werde ohne hinreichenden Grund in die Rechte der Lempels eingegriffen, sie würden mit unnötigen Kosten belastet, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, wogegen die Gemeinschaft nicht mit Nachteilen zu rechnen habe, wenn sie ihre „privaten“ Rauchmelder weiter betrieben.

Der BGH schloss sich der ersten Meinung an. Er erkannte berechtigte Interessen aller Eigentümer an einer einheitlichen Regelung hinsichtlich des Einbaus und der Wartung der Rauchwarnmelder. Zum einen dienten diese Geräte nicht nur dem Schutz des jeweiligen Sondereigentümers, sondern zugleich dem aller Bewohner und Besucher der Anlage. Die rasche Entdeckung eines Brandes schütze auch das Gemeinschaftseigentum, und dessen Instandhaltung gehöre zweifellos zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Einbau, Wartung und Kontrolle der Geräte „aus einer Hand“ gewährleisteten ein hohes Maß an Sicherheit, und zwar ein höheres, als es durch den Einbau seitens Einzelner erreicht werden könne.

Für den BGH war noch ein zweiter Aspekt wichtig: die Gemeinschaft habe auch ein schutzwürdiges Interesse daran, versicherungsrechtliche Risiken zu minimieren. Wenn nämlich ein „privater Rauchmelderbetreiber“ seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, laufe die Gemeinschaft Gefahr, dass der Feuerversicherer im Schadensfall seine Leistung kürze.

Aus diesen Gründen könne sich die Gemeinschaft im Rahmen ihres Ermessens dafür entscheiden, einheitliche Rauchwarnmelder zu installieren, auch wenn sie dazu ebenso wenig verpflichtet sei wie dazu, die Lempels von der Regelung auszunehmen. Der BGH wies aber darauf hin, dass von der „Einheits-Regelung“ sogar die Lempels profitierten: sie stelle sicher, dass wirklich alle Wohnungseigentümer durch Rauchwarnmelder geschützt seien.

Der BGH billigt den Lempels zu, dass ein „privater“ Nachweis ordnungsgemäßer Wartung und Kontrolle jedenfalls möglich sei. Gerade bei großen Wohnanlagen führe die Vielzahl der Modelle, Wartungsarten und -intervalle aber zu Unübersichtlichkeit und erheblichem Mehraufwand beim Verwalter. Selbst bei kleineren Anlagen werde das Ermessen nicht überschritten, wenn sich die Gemeinschaft für den praktikabelsten und sichersten Weg entscheide. Im Vergleich dazu sei der Verlust der Lempels gering. Sollten sie sich für qualitativ höherwertigere Apparate entschieden haben, hindere sie niemand daran, diese weiter zu betreiben.

Sicherheit hat ihren Preis

Rauchwarnmelder schützen – auch Leib und Leben. Vor diesem Hintergrund erscheint das Urteil des BGH richtig. Der (nur in manche

n Fällen zusätzliche) Preis der Sicherheit erscheint gering, wenn die Ausbreitung auch nur eines Brandes verhindert wird. Und die Lempels mögen noch sicherer schlafen in der Gewissheit, dass gleich zwei Rauchwarnmelde-Systeme diesen Schlaf überwachen.


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